Glasfaser zum Zweiten: Lichtbrechung und Totalreflektion
Blog| 6. April 2020 | Lesezeit: 4 Minuten
Im ersten Blog Post zum Thema Glasfasertechnologie führten wir mit den historischen Aspekten in das Thema Lichtwellenleiter ein. In diesem Artikel versuchen wir, den bahnbrechenden Erkenntnissen der Forschung und der Funktion der Glasfaser so verständlich wie möglich auf den Grund zu gehen. Um eine gewisse wissenschaftliche Tiefe kommen wir dabei allerdings nicht herum.
Ein Minimum an Physik zum Verständnis
Tritt ein Lichtstrahl auf die Grenzfläche zweier Stoffe, so wird es zum Teil reflektiert, zum Teil ändert es seine Richtung. Diese Richtungsänderung wird Brechung genannt. Breitet sich das Licht zunächst in Luft beziehungsweise im Vakuum aus und trifft auf ein transparentes Material, so ergibt das Verhältnis der Winkelgrössen einen konstanten, vom Material abhängigen Wert, der als Brechzahl oder Brechungsindex bezeichnet wird. Der Brechungsindex gegenüber dem Vakuum ist eine für jeden Stoff charakteristische Materialeigenschaft und immer grösser als 1.
Tritt ein Lichtstrahl von einem optischen Medium mit hohem Brechindex n1 zu einen anderen Medium mit niedrigem Brechungsindex n2, so wird er von der Senkrechten weg gebrochen. Der Brechungswinkel ß𝛽 ist in diesem Fall grösser als der Einfallswinkel 𝛼. Bei einem bestimmten, von den beiden Materialien abhängigen Einfallswinkel nimmt der Brechungswinkel 𝛽 den Wert 90 Grad an. In diesem Fall kann der einfallende Lichtstrahl nicht mehr aus dem optisch dichteren Medium in das optisch dünnere Medium übergehen, sondern wird reflektiert beziehungsweise verläuft längs der Grenzfläche beider Medien.

Glasfaserkabel nicht beugen oder knicken
Ein Lichtwellenleiter besteht aus einem Kern mit einem hohen Brechungsindex umhüllt von einem Mantel mit niedrigerem Brechungsindex. Dadurch bleibt ein Lichtstrahl in der Glasfaser gefangen. Allerdings darf eine Glasfaser nicht zu stark gebogen werden, sonst verlässt der Lichtstrahl auf seinem Weg die Glasfaser. Und hier ist nach all der Theorie der Bezug zur Praxis für den Nutzer eines FTTH-Anschlusses (Fibre To The Home, zu deutsch «Faser bis ins Haus»): Glasfaserkabel dürfen nur geringfügig gebogen werden. Die Kabel, welche zum Beispiel die iWay TV Box mit dem Fritzbox-Router verbinden, verfügen aus diesem Grund über ein flaches Profil. So können sie bei sorgfältiger Behandlung nicht zu sehr gebeugt oder geknickt werden. Also Glasfaserkabel auf gar keinen Fall beugen und schon gar nicht knicken. Das stellt die Funktion der Glasfaser in Frage. Spielt zum Beispiel ein Kleinkind damit und macht einen Knopf rein, geht kein Licht mehr durch. Also auf gar keinen Fall ausprobieren, das Kabel könnte beschädigt werden!
Wellenlängen, Moden und Dispersion
Es gibt zwei verschieden Typen von Glasfasern: Multimode- und Singlemode-Fasern. Letztere haben einen erheblich geringeren Faserkerndurchmesser als erstere. Der Faserkern bei Singlemode-Kabeln weist einen etwa fünf bis sechsmal geringeren Durchmesser (9µm) auf als Multimode-Kabel (50µm bzw. 62,5µm). Das umgebende Mantelglas ist erheblich dicker und weist jeweils einen Durchmesser von 125µm auf.
Vereinfacht gesagt, kann sich in einer Multimode Faser ein Lichtstrahl auf verschieden Wegen (Moden) ausbreiten. Am Ende des Kabels kommen dann die Komponenten zu verschieden Zeiten an und ein Impuls wird so verzerrt, dass er nicht mehr wiederzuerkennen ist. Das nennt man Dispersion (in diesem Falle Modendispersion). Die Reichweite wird so nicht durch die Dämpfung des Kabels, sondern durch die Verzerrung des Signals begrenzt. In einer Singlemode Faser gibt es hingegen nur einen Weg und Impulse kommen am Ende der Leitung noch sauber an. Dafür muss für die Einspeisung des Lichts ein teurer Laser verwendet werden, während es bei der Multimode Faser eine günstige LED reicht. Ausserdem sind Singlemode Fasern schwieriger herzustellen und damit teurer.
Mit Singlemode-Fasern kann man dementsprechend sehr grosse Distanzen überbrücken, mit Multimode lediglich ein paar Hundert Meter.



Beste Qualität mit Infrarotlicht hoher Wellenlänge

Wie schon erwähnt, kann man mit Glasfaserkabeln dank der sehr geringen Dämpfung sehr grosse Distanzen überbrücken. Ideal geht das bei Licht im Infrarotbereich und nur bei gewissen Wellenlängen («Farben») durch. Dabei gibt es drei Bereiche, sogenannte optische Fenster, um 850nm (Nanometer), 1310 nm und 1550 nm, die besonders geeignet sind und als erstes bis drittes Fenster bezeichnet werden. Am tiefsten ist die Dämpfung im dritten Fenster (um 1550 nm), am höchsten im ersten (um 850 nm).
Der Brechungsindex und damit die Ausbreitungsgeschwindigkeit sind auch von der Wellenlänge des Lichtstrahls abhängig. Da dieses Licht nie eine ganz reine Farbe hat (also nicht nur aus einer Wellenlänge besteht), führt das auf sehr lange Distanzen auch zu einer Verzerrung der Signale und damit der Reichweite. Diesen Effekt nennt man chromatische Dispersion. Um ihn gering zu halten, versucht man sehr farbreine Laser und Fasern mit einer möglichst von der Wellenlänge unabhängigen Brechzahl herzustellen. Am besten geling das im Allgemeinen im dritten Fenster um 1550 nm, weshalb sich diese Wellenlänge auch am geeignetsten für sehr lang Distanzen erweist.
In der nächsten Folge: Glasfasertechnologie in der Praxis
Nach diesem zugegebenermassen etwas trockenen Exkurs zur Funktion der Glasfaser liefern wir im dritten Teil der Glasfaser-Serie leichtere Kost. Beim nächsten Mal geht es nämlich um anschaulichere Aspekte, zum Beispiel darum, wo Glasfasern eingesetzt werden, welche Übertragungsgeschwindigkeiten in der Praxis überhaupt möglich sind und ob es in Zeiten von 5G-Mobilfunk noch Glasfaserleitungen braucht.
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